Spätestens ab dem 01.01.2022 müssen Versicherungsförmige Verträge der betrieblichen Altersversorgung mit einem Zuschuss von 15% durch den Arbeitgeber aufgestockt werden. Damit steigen die Kosten der Arbeitgeber für die betriebliche Altersversorgung erheblich. Gleichzeitig sinkt die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) zur gesetzlichen Rentenversicherung, was für zusätzlichen Aufwand innerhalb der bAV führt. Deshalb muss jetzt ganz schnell gehandelt werden,
meinen zumindest Vertreter der Versicherungsbranche.
Es ist an der Zeit, Fakten zu prüfen und die richtigen Schritte einzuleiten.
Aussagen zur betrieblichen Altersversorgung und unsere Meinung:
Ab 01.01.2022 müssen Arbeitgeber bei der Entgeltumwandlung für alle Direktversicherungen (Pensionskassenverträge und Pensionsfondsverträge) einen Zuschuss von 15% bezahlen, soweit durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge eingespart werden!
- Diese Aussage ist grundsätzlich falsch, da § 1a Abs.1a BetrAVG (hier wird der Zuschuss geregelt) wohl nur im Zusammenhang mit dem Anspruch aus § 1a BetrAVG gelten kann. Nicht jeder Vertrag ist hier anzusiedeln. Nach § 19 BetrAVG ist insbesondere ein möglicher Einfluss eines Flächen-oder Haustarifvertrag zu prüfen. Deshalb ist zunächst immer zu prüfen, ob im konkreten Fall ein Anspruch auf einen zusätzlichen Arbeitgeberpflichtzuschuss besteht. Die genaue Höhe ist ebenfalls zu ermitteln, da hier nicht immer pauschal von 15% auszugehen ist.
Bestehende Zuschüsse können nur auf den neuen Arbeitgeberpflichtzuschuss angerechnet werden, wenn eindeutig geregelt ist, dass ein bestehender Zuschuss im Zusammenhang mit einer Sozialversicherungsersparnis des Arbeitgebers steht!
- Diese Aussage sieht zumindest das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen anders. Mit Urteil vom 31.05.2021 stellt das LAG fest, "...Dass im System der betrieblichen Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung als Arbeitgeberzuschuss jede Zahlung zu werten sei, die der Arbeitgeber im Hinblick auf die Verwendung des Entgelts des Arbeitnehmers zum Zwecke der Bildung einer Altersversorgung zusätzlich zahlt..." Demnach ist ein bestehender Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung (auch ein pauschaler Zuschuss) auf den Arbeitgeberpflichtzuschuss anzurechnen. Hierzu hat jedoch das Bundesarbeitsgericht (BAG) das letzte Wort. Hier wird am 08.03.2022 zum Fall des LAG geurteilt.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, mit dem Arbeitgeberpflichtzuschuss den Beitrag eines bestehenden Vertrages zu erhöhen, oder einen neuen zusätzlichen Vertrag abzuschließen!
- Diese Aussage ist ebenfalls falsch. Hat die Prüfung ergeben, dass der Arbeitgeber zu einem Zuschuss nach § 1a Abs.1a BetrAVG verpflichtet ist, dann kann der Arbeitgeber laut Mitteilung des Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit seinen Beschäftigten vereinbaren, dass der Arbeitgeberpflichtzuschuss auf die bestehende Entgeltumwandlung anrechnet wird und somit der Beitrag des Beschäftigten entlastet wird. Der Beitrag an den Versorgungsträger bleibt in diesem Fall gleich. (Information aus BMF Schreiben vom 06.12.2017, Randnummer 27)
Arbeitgeber haben ein erhebliches Haftungsrisiko, soweit mit dem Arbeitgeberzuschuss falsch verfahren wird!
- Diese Aussage ist grundsätzlich richtig, wenn gleich viele Szenarien weit übertrieben sind. Richtig ist aber auch, dass ein Berater ein erhebliches Haftungsrisiko (gegenüber dem Arbeitgeber) eingeht, soweit er unter Bezugnahme falscher Voraussetzungen und Vorenthaltung wesentlicher Tatsachen zu einem falschen oder zu hohen Arbeitgeberzuschuss rät. Dieser Punkt ist besonders bedeutsam, da es sich in vielen Fällen der Beratung zum Arbeitgeberzuschuss (wenn von Versicherungsmaklern oder Versicherungsvermittlern vorgenommen), um eine unerlaubte Rechtsberatung handeln dürfte. Bezieht sich die Beratung des Arbeitgebers konkret auf eine Versorgungsordnung oder eine Entgeltumwandlungsvereinbarung (laut BAG Bestandteil des jeweiligen Arbeitsvertrag) handelt es sich um eine erlaubnispflichtige Rechtsberatung, die ausschließlich bestimmten Berufsgruppen vorbehalten ist.
Die genaue Berechnung eines möglichen Arbeitgeberzuschuss in Verbindung mit einer tatsächlichen Sozialversicherungsersparnis ist aufwendig und teuer!
- Das ist natürlich absoluter Unsinn. Für Lohnabrechnungssysteme, die auf dem Stand der Zeit sind, ist es kein Problem eine solche Vorgabe umzusetzen. Ein pauschaler Zuschuss kostet möglicherweise unnötig viel Geld.
Arbeitgeber, die in der Vergangenheit für die Entgeltumwandlung die Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds verwendet haben, sind jetzt automatisch verpflichtet, einen Arbeitgeberpflichtzuschuss gemäß § 1a Abs.1a BetrAVG einzurichten!
- Diese Aussage ist eindeutig falsch! Es steht jedem Arbeitgeber frei, den Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung zu wechseln. Dies gilt grundsätzlich auch für die Entgeltumwandlung. Damit kann jeder Arbeitgeber einen Arbeitgeberpflichtzuschuss vermeiden!
Der Wechsel des Durchführungswegs der betrieblichen Altersversorgung ist aufwendig, teuer und bei der Entgeltumwandlung nicht möglich!
- Diese Aussage ist ebenfalls falsch! Genau das Gegenteil ist der Fall. Der sofortige Wechsel des Durchführungswegs bei der Entgeltumwandlung bedeutet für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der richtigen Ausgestaltung zahlreiche Vorteile. Zu diesen Vorteilen zählt, dass der Aufwand für die bAV erheblich sinkt, Risiken und Haftung kalkulierbar (und weniger) werden und Leistungen wesentlich erhöht werden können. Hierzu haben wir eine ausführliche Information in unseren News.
Die Beitragsbemessungsgrenze sinkt zum 01.01.2022. Damit besteht nunmehr dringender Handlungsbedarf in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung!
- Bevor Sie wegen dem Absinken der BBG in Ihrem Unternehmen aktiv werden und Entgeltumwandlungsverträge nur deshalb ändern, betrachten Sie die wirtschaftlichen Auswirkungen vollständig. Wenn Sie für einen Vertrag den tatsächlichen Aufwand bis zum 31.12.2021 und ab dem 01.01.2022 betrachten und den Aufwand für eine Vertragsumstellung mitberücksichtigen, werden auch Sie regelmäßig zu dem Schluss kommen, dass eine Beitragsreduzierung weder für den Arbeitgeber, noch für den Arbeitnehmer wirtschaftlich sinnvoll ist!
- Eine rechtssichere Umsetzung bieten wir an. Nehmen Sie einfach kurzfristig Kontakt auf.
Direktversicherungen sind sicher. Der Arbeitgeber hat kein Risiko wenn er Direktversicherungen anbietet!
- Laut § 1Abs.1 Satz 3 BetrAVG "steht der Arbeitgeber für die Erfüllung der von Ihm zugesagten Leistungen ein (Anmerkung: das ist auch bei einer Direktversicherung der Fall), wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt."
- Am 01.01.2022 werden die garantierten Leistungen für Neuverträge abgesenkt. Dies führt dazu, dass die laut § 1 Abs.2 Satz 3 BetrAVG geforderte Wertgleichheit bei der Entgeltumwandlung in Frage steht.
- Laut § 314 VAG können Versicherungsgesellschaften Aufsichtsrechtlich dazu verpflichtet werden, ihre Leistungen zu reduzieren. Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) müssten in diesem Fall jedoch Beiträge in gleicher Höhe weiterbezahlen.
- Fazit: Der Arbeitgeber hat im Bereich der betrieblichen Altersversorgung bei der Umsetzung mit Hilfe einer Direktversicherung zahlreiche Fragestellungen zu beachten. Wenn sich der Arbeitgeber zur Umsetzung des Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung für ein Versicherungsprodukt entscheidet (entschieden hat), dann ist eine fundierte Kenntnis möglicher Auswirkungen dringend angeraten. Eine getroffene Entscheidung muss dabei nicht für die Ewigkeit Bestand haben.